Ist man an Armut selber schuld?

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Um mich kurz zu fassen: 

Weder deutsche Politik und schon gar nicht Gewerkschaften beachten unser Grundgesetz. Aus diesem Grund gibt es so viel Armut in D. 

Die Mär mit der Selbstverschuldung wird von internationalen Organisationen auf der Grundlage von Fakten, welche in diesem Staat erhoben werden, ad absurdum geführt. Seit manchen Jahren immer wieder neu. 

Aber anstatt sich mal mit solchen Bewertungen ernsthaft auseinander zu setzen wird den Opfern auch noch die Schuld gegeben. Das ist schlichtweg armseelig, verantwortungslos.

Hör einfach dradio, dann lernst Du nach und nach die Details kennen.

Nein. Zeitarbeitsfirmen sind die Hauptschuldigen, da es für Zeitarbeiter keinen Mindestlohn gibt. So kommt die Industrie billig an Arbeitskräfte mit Ausbildung. So zu sagen der legale Menschenhandel. Die Agentur für Arbeit unterstützt das sogar noch. Hauptsache wenig Harz IV bedürftige. 


zalto  10.03.2017, 20:15

Auch Zeitarbeiter haben Anspruch auf den Mindestlohn. Für sie gilt die Lohnuntergrenze nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.

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Klaudrian  10.03.2017, 20:17
@zalto

Tja... sie bekommt trotzdem nur 500€ pro Monat. Wenn sie mehr will findet sie keine Interessenten wo sie nehmen wollen. 

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Bedingt. 

Es gibt Fälle von Armut, an denen die Menschen selber Schuld sind, weil sie einfach passiv sind, und es nicht schaffen, ihr Schicksal selber in die Hand zu nehmen. Das fängt schon in jungen Jahren an, wenn sie in der Schule durchhängen und keine Initiative zeigen, es geht weiter über unpassende oder abgebrochene Ausbildungen, Karriere als Alkoholiker oder Drogenabhängiger etc. 

Es gibt auch Situationen die einfach unglaublich tragisch sind. Ich kenne einen Fall von einer jungen Frau, die als Haushälterin arbeitete. Sie heiratete einen Chemiker der eine gute Stelle hatte. Sechs Wochen nach der Hochzeit erlitt der Mann einen Motorradunfall und erblindete. Er bot ihr an, sich scheiden zu lassen, da er der Meinung war, dass sie das nicht verdient hätte, ein Leben mit einem Blinden. Sie blieb bei ihm.

Er ließ sich umschulen, und schaffte es, in seiner Firma als Einkäufer eingestellt zu werden, was heute, mit den ganzen technischen Hilfsmittel gut möglich ist. Seine Frau wurde schwanger, und bekam ein spastisch gelähmtes Kind. Sie wurde wieder schwanger, und bekam ein weiteres behindertes Kind. Ich weiß, dass sich das fast unwirklich und unglaubhaft anhört. Die Frau konnte nun nicht mehr arbeiten, da sie zwei behinderte Kinder und einem blinden Mann versorgen musste. Der Mann verdiente gut, aber die Kinder brauchten viele Extrahilfen und Behandlungen, und so konnten sie zwar gerade über die Runden kommen, aber nichts zurücklegen. Jetzt, da sie älter sind, sind sie nicht richtig arm aber haben gerade ausreichend zum leben, völlig unverschuldet.

Die Definition von Armut (weniger als 50 % des Durchschnittseinkommens) ist großzügig bemessen. Das Durchschnittseinkommen lag 2016 bei 35000 Euro jährlich. Wenn man davon die Hälfte zur Verfügung hat, und somit offiziell zum Präkariat gehört, greifen die ganze Unterstützungsmaßnahmen: Berechtigungsschein fürs Wohnung, Tafel zum Lebensmittel abholen, Mahlzeiten bei Kirche und Caritas. Davon kann man ordentlich leben, aber natürlich mit Einschränkungen und ohne Luxus. 

Es handelt sich daher um eine "relative" Armut, und die Neuankömmlinge aus Afrika empfinden sie als Reichtum, je nach dem wie man vorher gelebt hat.

Ich sehe um mich herum allerdings Misswirtschaft und Verschwendung, wohin man schaut. Die Menschen essen an Buden und Ständen, fahren Auto, kaufen jeden Tingeltangel, achten nicht auf die Preise, und lassen Bildungsmöglichkeiten die zuhauf geboten werden, einfach aus. Am Ende des Monats ist die Kasse leer, und schon wieder wurde nichts gespart. Nichts gespart heisst dann auch: Nie Geld genug um eine Wohnung an zu zahlen, also drohende Altersarmut, da die Miete die Rente frisst.

Wer so haushält wie unsere Eltern im oder nach dem Krieg, kann in Deutschland nicht verarmen, im Gegenteil, er kann nog Geld zurücklegen. 

Sogsehen ist Armut in Deutschland selbst verschuldet, ausgenommen jener Menschen die es trifft, weil ihnen irgend etwas zugestoßen ist, Krankheiten oder Schicksalsschläge. 

Das hört sich sehr hart an, und ich habe damit schon früher Protest ausgelöst. Das ging soweit, dass ich mit einer Freundin gewettet habe, dass ich vom Hartz IV Satz leben könne (wobei die Rechnung nicht ganz gerecht war, da ich ja nicht für 1 Euro bei der Kirche essen gehen konnte). Ich habe das ein Jahr lang durchgehalten, und war mit dem Leben völlig zufrieden: Gebrauchtrad anstatt Auto, selber kochen, Kleider aus dem Secondhand, und eine untervermietete Wohnung. Ich hatte wirklich Geld übrig. 

Grundsätzlich nein, auch wenn nicht Wenige den Armen die Schuld zuweisen.

Die Entwicklung läßt ich eingrenzen, auf etwa die letzen 30 Jahre, als man mit dem Neoliberalismus begann.
Als blinde und naive Kopie amerikanischer Verhältnisse.
Das gipfelte in der Agenda 2010 der SPD und Kanzlerin Merkels (CDU) Audruck: "Förderung der Eliten und Leistungsträger".

Das Ergebnis läßt sich europaweit "bewundern", die Reichen werden reicher, die Armut nimmt mehr und mehr zu.
Innerhalb einer allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung, die vorallem politisch vorangetrieben wird, ist es geradezu zynisch den Armen die Schuld zuzuweisen.

Was wir heute erleben, Rechtspopulismus und Radikalisierung der Gesellschaft, beruht auf Neoliberalismus und naiver Globalisierung.
Rekordgewinne für die Wirtschaft und Niedrieglöhne für die Bürger schafft keinen Wohlstand.
Kurz und bündig: neoliberal ist asozial.

Ja und Nein.

Nein, weil die Allermeisten, die unter Armut leiden, einfach von dem, was sie den ganzen Tag zusammenschuften, nicht oder nur extrem stark eingeschränkt leben können.

Wenn das ärmste Drittel – nur in Deutschland – inzwischen kein Kapital oder nur noch Schulden hat, das Reichste Zehntel hingegen aber 85% des Gesamt-Kapitals hält, dann ist die Sache mit der Armut leicht verständlich.

Auf der anderen Seite aber muss man auch "Ja" sagen, denn diese massive Kapital-Umverteilung kommt ja nicht aus dem Nichts.

Seit Jahrzehnten wird immer wieder seitens Industrie, Gewerbe, Banken und Regierung die heilige Kuh des Wirtschaftswachstums propagiert und dass es der Bevölkerung nur dann gut gehen könnte, wenn es dem Groß-Kapital erst mal gut ginge. Die "Spnner" von Links wurden in Grund und Boden gestampft.

Das Ganze hat schon eher religiöse Züge und entbehrt jeder Logik oder empirischen Analysen.

Und deshalb sind wir alle selbst Schuld, wenn wir weiterhin dem Dogma der Wirtschaftsförderung wie schwachsinnige Lemminge folgen und den Reichen unser hart verdientes Geld in den Rachen schmeißen.

Das ist kein linkes Gesülze, das sind Fakten.

Aber wem es leichter ist, einfach nur die alte Propaganda zu schlucken, anstatt sich mal selbst mit der Materie zu beschäftigen – und das ist in wenigen Klicks und 20 Minuten erledigt –, der wird sich nicht selbst um sein Leben bemühen, sondern weiterhin vom Glück träumen, bis er aufwacht und verhungert ist.