"Im Herbststurm" von Karl Gerok:
Die Raben, sie krächzen
Mir über dem Haupt,
Die Tannen, sie ächzen,
Vom Sturme durchschnaubt;
Der Boreas brauset
Durchs Waldesrevier,
Und je wilder er sauset,
Je wohler wird mir.
Da drunten so traurig
Das herbstliche Feld,
Da droben so schaurig
Das graue Gezelt,
Die Wolken sie jagen,
Mein Herze jagt mit,
Und vom Sturme getragen
Beschwingt sich mein Schritt.
Was Zephyrgeflüster?
Was Blumengefild?
Mein Herz ist so düster,
Mein Sinn ist so wild,
Sturmsittige breiten
Durch luftige Höhn,
Und auf Wolken zu reiten,
Das däuchte mir schön.
Der Sausewind raunet
Sein Lied mir ins Ohr,
Und lustig gelaunet
Mitsing ich den Chor:
"Der Sturm mag entblättern
Was blüht und verblüht:
Doch es schwebt ob den Wettern
Ein mutig Gemüt!"
(aus "Blumen und Sterne", 14. Auflage, ca. 1880)
Ich habe das Buch "Blumen und Sterne" vor vielen Jahren auf einem Flohmarkt gekauft. Karl Gerok kannte ich bis dahin noch gar nicht. Das war so ein Fund, über den ich sehr froh bin. Heutzutage kennt diesen Mann so gut wie niemand mehr. Aber es lohnt sich, ihn zu entdecken.